Ausgabe:
Kategorie:
Autorin:
Das Lieferkettengesetz stärkt ökologische und soziale Standards entlang der Wirtschaftskette.
Sabine Jungwirth
Es war ein langer Weg; nun ist es aber endlich beschlossen: Ein europäisches Lieferkettengesetz, durch das ökologische und soziale Standards entlang der Wertschöpfungskette gestärkt werden sollen.
Kritik wurde vor allem von der Industriellenvereinigung und vom ÖVP-Wirtschaftsbund, vulgo der Wirtschaftskammer geübt. Von dort kommt einmal mehr Blockade. Konzerninteressen stehen offensichtlich vor dem Schutz und Service für KMU.
Die Grüne Wirtschaft hat stets ein ambitioniertes Gesetz gefordert – aber was entgegnen wir den Kritiker:innen?
Faire Rahmenbedingungen
Für die zahlreichen Unternehmen in Österreich, die bereits nachhaltig agieren und mit unfairer Konkurrenz durch Großkonzerne zu kämpfen haben, ist das Lieferkettengesetz im Wettbewerb ein deutlicher Fortschritt: Sie kämpfen mit der internationalen Konkurrenz durch Import von Produkten, die auf dem Rücken von Umweltzerstörung und unter Menschenrechtsverstößen erzeugt wurden und wegen fehlender Auflagen zu Billigstpreisen angeboten werden. Das Gesetz schafft daher faire Wettbewerbsbedingungen und wertet nachhaltiges Engagement auf.
Der beschlossene Gesetzestext sieht zudem weitreichende Ausnahmen vor, denn betroffen sind nur Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden bzw. mehr als 450 Mio. Euro Umsatz, d. h. für KMU und EPU entstehen keine direkten Pflichten. Natürlich können aber auch kleinere Unternehmen indirekt betroffen sein, in dem sie z. B. Teil der Lieferkette eines großen Konzerns sind. Der Gesetzestext sieht für solche Fälle Unterstützungsmaßnahmen der Nationalstaaten sowie der jeweiligen Konzerne vor, an die geliefert wird.
WKO: Service statt Blockaden
Als sinnvoll erachten wir in der konkreten Umsetzung deshalb eine Unterstützung der Unternehmen durch die Außenwirtschaft der WKO. Sie führt bereits jetzt als Serviceleistung den sogenannten »Lieferantencheck« für international agierende Unternehmen durch und führt Listen von problematischen Unternehmen im Ausland. Diesen sollte die Kammer ausweiten und als öffentliche Checkliste zur Verfügung stellen, um ihre Pflichtmitglieder in der Recherche zu entlasten bzw. Sicherheit zu geben. Wir haben die WKÖ bereits dazu aufgefordert. Bisher verweigert der ÖVP-Wirtschaftsbund jedoch die Zustimmung zum sinnvollen Einsatz der WKO-Ressourcen. Wir bleiben dran!
Autor:
Es sind Aufgaben, die eigentlich jene von regierungen oder internationalen Organisationen sind.
Peter Unterkofler
Die Abstimmung zum Lieferkettengesetz der Europäischen Union halten wir für unverantwortlich. Der Europäische Standort verliert damit erneut im internationalen Wettbewerb. Was es nun braucht, ist zumindest eine realitätsnahe Implementierung auf nationaler Ebene.
Wir versinken in Überregulierungen – wie beispielsweise mit dem geplanten Lieferkettengesetz zur Unternehmensberichterstattung. Ab 2026 bedeutet das für unsere Industriebetriebe in Salzburg ebenfalls einen riesengroßen Wettbewerbsnachteil. Die Richtlinie ist in der vorliegenden Form für viele Unternehmen schlichtweg nicht umsetzbar und die Kontrollpflichten über die gesamte Lieferkette hinweg entziehen sich jeglicher, unternehmerischer Realität. Darüber hinaus sind die vorgesehenen Rechtsfolgen und Klagsrechte unverhältnismäßig.
Bürokratiemonster erschwert tägliche Unternehmensführung
Eine EU-weit einheitliche Regulierung ist grundsätzlich im Sinne von Industrie und Wirtschaft, um vergleichbare Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen. Gerade in zukunftsweisenden Sektoren dürfen Unternehmen aber nicht ausgebremst werden. Doch gerade der neue Gesetzesentwurf der EU zum Lieferkettengesetz bürdet Unternehmerinnen und Unternehmern in Salzburg, Österreich und ganz Europa, unerfüllbare Informations- und Prüflasten auf.
Das grundsätzliche Ziel wollen wir nicht in Frage stellen, aber in der derzeitigen Ausgestaltung ist das Lieferkettengesetz schlichtweg nicht in den unternehmerischen Alltag zu implementieren. Besonders ärgerlich ist zudem, dass Unternehmen zum wiederholten Mal Aufgaben übernehmen sollen, die eigentlich jene von Regierungen oder internationalen Organisationen sind.
Gut gemeint ist nicht gut gemacht.
Für viele Unternehmen, gerade im mittelständischen Bereich, ist das geplante Liefergesetz schlicht nicht umsetzbar. Es geht nicht, dass Unternehmen für Unzulänglichkeiten in ihren Lieferketten haftbar gemacht werden, wenn sie diese nicht direkt verursacht haben oder sie entsprechende Sorgfaltspflichten getroffen haben, um diese zu verhindern. Zahlreiche österreichische Industrieunternehmen führen bereits seit vielen Jahren Sorgfaltsprüfungen entlang ihrer Lieferketten durch und arbeiten mit ihren Lieferantinnen und Lieferanten eng zusammen, um Standards zu verbessern.
Titelbild: © gettyimages / Md Saidur Rahman