Pieper Naturkosmetik

Unterüberschrift


Ausgabe:

02 // Transformation

Kategorie:

Zukunftsfähig wirtschaften

Autorin:

© Jan Steindl

Maria Pieper

Gründerin und Geschäftsführerin
der Pieper Biokosmetik
Manufaktur.

marias-biokosmetik.com


Als wir uns 1985 für ein »Aussteigerleben« entschieden und eine Kräuterfarm in der Südsteiermark erwarben, war der Klimawandel längst nicht mehr zu leugnen. Der Club of Rome hatte bereits 1972 in seinem Bericht über »Die Grenzen des Wachstums« vor den ökologischen und sozialen Folgen der Ausbeutung der Erde durch eine ausschließlich auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaft gewarnt.

Die 1980er waren das Jahrzehnt, in dem Themen wie alternative Pädagogik (ich war Lehrerin) und Frauenemanzipation aufblühten und aufregten und auch erstmals der Umweltschutz in den Fokus der Öffentlichkeit trat. »Nein zu Atomkraft«, saurer Regen, die Besetzung der Hainburger Au oder biologische Landwirtschaft waren alles Themen, die gesellschaftspolitisch an Bedeutung gewannen. Die noch junge NGO Greenpeace gewann an Bedeutung. Die Grünen konnten sich als neue politische Kraft in Österreich etablieren. 

© Harald Eisenberger

Unser »Aussteiger-Leben« mit unseren damals 2 Kindern (die heute im Unternehmen mitarbeiten) in einem Holzhaus inmitten einer noch wunderschönen Natur, die alles zu bieten hatte, was zu einem guten Leben benötigt wird, war der Beginn der 1993 gegründeten Pieper Biokosmetik Manufaktur. Nicht das Interesse an Kosmetik war damals wie heute die Triebfeder meines Tuns, sondern das Interesse an der Natur und die Möglichkeit, dort wo ich stehe, meinen praktischen Beitrag zu leisten. Mit großer Begeisterung wurden in meiner kleinen Werkstatt die ersten Produkte für die eigene Familie kreiert. Ich nahm dazu die Kräuter, die bei uns wuchsen, die frischen Triebe der Fichten im Frühjahr aus dem eigenen Wald oder naturbelassene Öle. Die ersten Kund:innen war meine Kollegenschaft. Schon bald erweiterte sich der Kreis und die ersten kleinen Naturkostläden nahmen meine wachsende Produktpalette in ihr Sortiment auf. 

Ins Business gestolpert

Themen rund um die biologische Landwirtschaft wurden wichtiger – in der Folge auch das Thema Naturkosmetik (die Unterscheidung zwischen Natur- und Biokosmetik wurde erst später relevant, als verschiedene Kosmetikfirmen begannen, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen). Ich wurde von der Landwirtschaftskammer in Graz eingeladen, vor den Orts- und Bezirksbäuerinnen einen Vortrag über das Thema zu halten. Daraufhin luden sie mich in ihre Gemeinden ein. Ich sprach vor den Bäuerinnen über die Möglichkeit einer natürlichen Körperpflege und die Notwendigkeit der Veränderung und konnte damit viele begeistern. Ich verteilte Rezepte und Anleitungen und hatte auch mein Produktangebot mitgebracht. So entstand das erste »Direktmarketing«. Der Weg zur erfolgreichen Pieper Biokosmetik Manufaktur ist also nicht in einem Businessplan zu suchen, vielmehr bin ich mit viel Elan in das Unternehmertum »hineingestolpert«.

Anfang 2000 übersiedelten wir mit unseren nun drei Kindern in meine Heimatstadt Salzburg zurück. Produktion und Vertrieb wuchsen kontinuierlich und so wurde aus der ursprünglichen Kräuterküche in den südsteirischen Hügeln ein Unternehmen mit heute 15 Mitarbeiter:innen. Entscheidend war und ist eine »grüne« Unternehmensphilosophie, die Nachhaltigkeit, Bio-Qualität und Wirksamkeit der Produkte verbindet. Wir verwenden ausschließlich natürliche Tenside, Emulgatoren und Duft- und Farbstoffe. Alles ist gentechnik- und tierversuchsfrei. Körperpflege bedeutet die Möglichkeit zur Ruhe und zu sich selbst zu kommen, sich und anderen etwas Gutes zu tun, Wohlbefinden zu erzeugen. Das soll man mit gutem Gewissen auf der Haut spüren können. 

Das fragwürdige Geschäft mit Gütesiegeln

In den letzten Jahren werden wir von einer Unmenge an Siegeln in unzähligen Produktbereichen überschwemmt. Kaum ein Produkt, das nicht auf eine besondere Eigenschaft in Form eines Siegels die Aufmerksamkeit der Konsument:innen auf sich ziehen will. So auch in der Kosmetik. Jedes Siegel ist bestrebt, die hohe Wertigkeit des Produktes zu suggerieren. Ein Siegel ist jedoch nur so viel wert wie die Richtlinie dahinter. Diese Richtlinie ist meist nicht bekannt. Meine größte diesbezügliche Überraschung war die Recherche zum Fair-Trade-Siegel, das auch für Kosmetik vergeben wird: Es wird zwischen Leave on (Produkte, die auf der Haut bleiben) und Rinse off Produkten (solche die abgewaschen werden wie z. B. Duschgels) unterschieden. Bei Ersteren ist die Vorgabe für Fair Trade zertifizierte Rohstoffe lediglich fünf Prozent der Inhaltsstoffe, bei der zweiten Gruppe sind es nur noch unglaubliche drei Prozent. Ich denke nicht, dass dies den Verbrauchererwartungen entspricht.

Grundsätzlich wäre ein europäisches Siegel für Biokosmetik, wie wir es für landwirtschaftliche Produkte kennen, erstrebenswert. Aus verschiedenen Gründen ist es bislang nicht dazu gekommen. Die wichtigsten Siegel in Europa sind Natrue und Cosmos. Natrue unterscheidet drei Stufen: Naturkosmetik, Naturkosmetik mit Bioanteil sowie Biokosmetik. Cosmos unterscheidet zwischen Cosmos Natural und Cosmos Organic – also zwei Stufen. In Österreich haben wir ebenfalls zwei Stufen: Natur- und Biokosmetik. Die Richtlinien für Naturkosmetik sind im Österreichischen Lebensmittelbuch verankert. Produkte, die diesen Richtlinien entsprechen, können mit dem Satz »Hergestellt gem. ÖLMB Kap. B 33 Naturkosmetik« versehen werden. Es gibt jedoch kein Siegel. Auch die Bio-Kosmetik-Produkte können bedauerlicher Weise mit keinem Siegel ihre hohe Wertigkeit transportieren. Lediglich der sperrige Satz »Hergestellt gemäß der österreichischen Richtlinie für biologische Produktion Abschnitt Biokosmetika – Kontrollstellen Nr. …« weist darauf hin. Wenn wir verantwortungsbewusstes Wirtschaften belohnen wollen, müssen wir auch in diesem Bereich für mehr mehr Klarheit und Transparenz sorgen und für Greenwashing sensibilisieren.


Titelbild: Jan Steindl

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