Hybrid arbeiten: Mehrfachversichert

Selbstständig als Shiatsu-Praktikerin und angestellt in einem sozialökonomischen Betrieb


    Ausgabe:

    04 // Lebenswege

    Kategorie:

    Neue Wege gehen

    Autor/in:

    © Johannes Ziegler

    Bianca Ziegler-Moore

    ist Shiatsu-Praktikerin und arbeite in einem sozailökonomischen Betrieb

    shiatsuberuehrt.at


Ich fahre gerne mit dem Rad. Das verschafft Energie und entschleunigt.

Bianca Ziegler-Moore

Ich arbeite seit 2004 bei der Sozialen Arbeit gGmbh Salzburg und seit zwei Jahren in einer ihrer Filialen in Hallein. Im selben Jahr habe ich mit der Shiatsu-Ausbildung begonnen. 2011 habe ich die Ausbildung abgeschlossen und mich als Shiatsu-Praktikerin selbstständig gemacht, um das Erlernte nicht nur privat zu nutzen, sondern damit auch professionell zu arbeiten. Dabei ist mir das Feedback der Klient:innen, die zu mir in die Praxis kommen wertvoll. Wichtig ist mir auch die Frage: Wie kann ich als selbstständige Unternehmerin sichtbar sein? Wie komme ich am Markt an? Ursprünglich habe ich etwas ganz anderes gelernt: Ich war Reprodukionstechnikerin. Das war ein Lehrberuf im Druckgewerbe. 

Shiatsu bedeutet für mich unter anderem einen Zuverdienst. Mit meiner Selbstständigkeit verdiene ich ungefähr ein Drittel meines Jahreseinkommens. Um – abgesehen von der Unfallversicherung – nicht doppelt in die Sozialversicherung zu zahlen, gebe ich acht, dass ich mit meinem Gewinn unter der gesetzlichen Bemessungsgrundlage im Jahr bleibe, die immer wieder neu angepasst wird. Einen Teil meines Umsatzes investiere ich regelmäßig in Fortbildungen. Die gesetzlichen Regelungen zu den Steuer- und Sozialabgaben bringen mich hin und wieder ins Schwitzen, da es nicht in meinem Interesse ist, Vorsteuerabgaben leisten zu müssen. Wo immer möglich, kümmert sich meine Steuerberaterin um diese Dinge. 

Meine Praxis in Salzburg befindet sich im Kunstquartier in der Bergstraße, wo viele Selbstständige ihre Arbeitsräume haben. Ich liebe die Atmosphäre im Haus und meine zwei Berufe. Natürlich gibt es auch Nachteile. Ich bin viel mit Administration beschäftigt – das kostet mir immer wieder Konzentration und Kraft. Ich bin mit den zwei Jobs ständig am Jonglieren, habe volle Tage und wenig Freizeit. Das liegt auch am Pendeln zwischen Hallein und Salzburg. Unter der Woche komme ich nie vor 19 Uhr heim. Die Vorteile überwiegen aber: Ich bin durch meinen Hauptberuf abgesichert und habe zwei berufliche Standbeine, die ich mit Leidenschaft ausübe. 

Zum Ausgleich gehe ich gerne weitwandern, treffe mich nach der Arbeit mit Freunden und verbringe Zeit mit meinem Mann. Ich muss mich körperlich betätigen, um in Balance zu bleiben. Daher fahre ich auch gerne mit dem Rad nach Hallein. Das verschafft mir Energie und entschleunigt.


Experten-Tipp


Experte:

© WKO

Lorenz Huber

ist Experte für Arbeits- und Sozialrecht bei der Wirtschaftskammer Salzburg

wko.at


Wenn man wie Frau Moore-Ziegler gleichzeitig unselbstständig und selbstständig tätig ist, führt dies zur Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG). Das bedeutet gegebenenfalls eine doppelte Beitragspflicht.

Die Beiträge zusammen müssen nur von der einmaligen Höchstbeitragsgrundlage entrichtet werden. Übersteigen die Einkünfte die Höchstbeitragsgrundlage, ist eine Differenzverschreibung und eventuell eine Beitragserstattung vorgesehen. Zu beachten ist, dass die Höhe der tatsächlichen Einkünfte aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit erst im Folgejahr effektiv bekannt ist. Daher können auch die endgültigen GSVG-Beiträge erst im Nachhinein berechnet werden. 

Tipp: man kann bereits im laufenden Kalenderjahr eine vorläufige Anpassung der GSVG-Beiträge (Herab- bzw. Hinaufsetzung) beantragen.

Kommt es aufgrund einer Mehrfachversicherung zu einer Beitragserstattung, ist die SVS verpflichtet, das Finanzamt zu informieren. 

Achtung: bei Zusammentreffen von Einkünften aus unselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit gelten im GSVG die Bestimmungen über die Mindestbeitragsgrundlage nicht. Erreichen bereits die ASVG- Einkünfte die GSVG- Mindestbeitragsgrundlage (monatlich 518,44 Euro), werden die GSVG-Beiträge nur aufgrund der tatsächlichen selbstständigen Einkünfte berechnet. Es kann daher z. B. bei keinen oder negativen Einkünften aus der unternehmerischen Tätigkeit zur einer »Zahlungsfreistellung« in der GSVG Pensions- und Krankenversicherung kommen.

Durch das Zusammenzählen der Einkünfte ergibt sich eine höhere Beitragsgrundlagensumme für die Pensionsversicherung. 

Tipp: bei sehr niedrigen gewerblichen Umsätzen und Einkünften kann sich der ASVG-Pflichtversicherte von der Pflichtversicherung nach dem GSVG befreien lassen (sog. Kleinunternehmerregelung). Durch die Ausnahme von der Krankenversicherung erfolgt auch keine Einbeziehung in die Selbstständigenvorsorge. Es ist dann nur mehr der Unfallversicherungsbeitrag zu bezahlen.

Für die Leistungserbringung kann sich eine Mehrfachversicherte die zuständige Krankenversicherung bei jedem Versicherungsfall aussuchen. Sachleistungen gebühren nur einmal, Geldleistungen (z. B. das Wochengeld) können von jedem beteiligten Träger bezogen werden. Jenes Institut, das bei Beginn des Leistungsfalles zuständig ist, bleibt dies für die gesamte Behandlungsdauer. Ein Wechsel ist erst bei Eintritt eines neuen Versicherungsfalles zulässig. 

Tipp: nehmen Sie im Vorfeld Kontakt mit den Expert:innen der SVS bzw. der Wirtschaftskammer auf, um die für Sie passende Lösung zu finden.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg,
Frau Moore-Ziegler


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Titelbild: ©Johannes Ziegler

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